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Antrag / Anfrage / Rede

Haushaltsdiskussion 2016

Rede des Fraktionsvorsitzenden Michael Birner zur Verabschiedung des Kreishaushaltes 2016

Sehr geehrter Herr Landrat,

sehr geehrte Damen und Herren Kreisräte, meine Damen und Herren

"Die Steuereinnahmen sprudeln", "Schulden machen keine Angst", (Schlagzeilen der AZ) dabei werden die Schlangen bei den Tafeln immer länger, es fehlt bezahlbarer Wohnraum, die Integration der Flüchtlinge wartet als Megaaufgabe auf uns, zur beschlossenen Barrierefreiheit ist noch ein langer Weg, für die Elektromobilität wollten wir eine Modellregion werden. … Aber die Presse zeigt eine geradezu euphorische Kreistagsfraktion der CSU.

Die Diskussion zum Haushaltsentwurf wird schon mal vom Kreistag auf eine Klausurtagung der CSU-Kreistagsfraktion verlegt und das Ergebnis vor der Behandlung im Kreistag in der Presse verkündet. Das ist nicht nur eine Stilfrage. Wozu sollen wir uns dann überhaupt noch im Kreistag treffen?

Vielleicht um auf die Zahlen des Haushalts hinzuweisen, die gerne geflissentlich übersehen werden.

Schauen wir uns den Haushalt also genauer an. Mehr als 500 Seiten stark und mehrere Kilo schwer: das ist der Haushalt, den Herr Weber mit seinem Team akribisch erarbeitet hat, ein Haushalt, der versucht, die Einnahmen und Ausgaben für 2016 mit allen haushaltsrechtlichen Vorgaben zur Deckung zu bringen. Dafür und auch für seine stete Bereitschaft, uns allen dieses komplexe Gebilde zu erläutern, möchten wir ihm, seinem Team und der zuarbeitenden Verwaltung Dank und Anerkennung aussprechen.

Ein Blick auf die Anforderungen zeigt uns die Schwierigkeit:

Nachhaltig soll der Haushalt sein, die Generationengerechtigkeit im Blick haben - enkeltauglich heißt das neuerdings, die Gemeinden in ihrer Leistungsfähigkeit nicht überfordern. Das geht nicht ohne eine Prognose der Einnahmen und Ausgaben der nächsten Jahre.

Lassen wir uns von sprudelnden Steuerquellen nicht blenden. Schon heute wissen wir, dass eine sich abschwächende Wirtschaft wie auch die Flüchtlingssituation unsere finanziellen Spielräume verengen werden. Und die Eurokrise ist keineswegs ausgestanden.

Die Kämmerei geht in ihrer Finanzplanung bis 2019 davon aus, dass Umlagekraft und Schlüsselzuweisungen weiter steigen werden. Das hoffen wir alle, gleichwohl ist das zumindest sehr optimistisch.

Und wenn es nicht so kommt? Nun, die Hoffnung, dass im Fall des Falles Investitionen verschoben werden könnten, trifft zumindest auf die größten Vorhaben des Landkreises nicht zu. Die wichtigsten unserer geplanten Investitionen z.B. die Schulsanierungen sind aus Gründen der Verantwortung für unsere Jugend kaum zu verschieben und müssen- einmal begonnen - zeitnah vollendet werden, um Zuschüsse nicht zu gefährden. Auch eine optimale medizinische Versorgung in unseren Krankenhäusern ist ohne zunehmendes finanzielles Engagement des Landkreises nicht zu haben. Stichwort hier: steigender Verlustausgleich.

Erlauben Sie mir ein paar Sätze zu den anstehenden Schulsanierungen.

Niemandem bleibt verborgen, dass sich unsere Schulen in einem ständigen Wandel befinden. Vermehrt Ganztagesunterricht, neue pädagogische Konzepte, Inklusion und Integration und besonders bei beruflichen Schulen ein enormer Innovationsdruck, sollen sie doch die Fachkräfte für die Wirtschaft 4.0 ausbilden. Bei einer Generalsanierung kann Vieles korrigiert, können viele Weichen richtig gestellt werden.

Wir möchten schon heute den Appell an alle Verantwortlichen richten, sich nicht allzu sehr an alten Schulbaurichtlinien zu orientieren, auch wenn davon die Höhe des Zuschusses abhängig ist. Über 60% der künftigen Berufe gibt es heute noch nicht, so schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in einer aktuellen Zeitungsbeilage. Wir können den Schulen aber schon heute räumliche und technische Reserven zugestehen, damit sie auf die Anforderungen der Zukunft, auf neue Berufe, neue Fächer, neue Technik zeitnah reagieren können. Mit dürftigen Unterrichtsbedingungen wird auch der fähigste Lehrer ausgebremst. "Das Beste oder nichts", kann zwar nicht unser Wahlspruch sein, aber das Beste - wo immer möglich - schon. Es gibt wohl keine Investition, die nachhaltiger wäre, als die Bildungschancen unserer Jugend zu verbessern.

Neulich stand ich einmal wieder auf der Terrasse der Bergwirtschaft auf dem Mariahilfberg. Der Blick über Amberg zeigt eine wunderschöne Stadt mit markanten Bauwerken. Mal abgesehen von der Martinskirche und dem Altstadtensemble stechen besonders die imposanten Schulgebäude ins Auge: Die Max-Josef-Schule, die Luitpoldschule, das Max-Reger-Gymnasium, das Erasmusgymnasium… Das waren auch früher beachtliche Investitionen, die damals und heute den Stellenwert der Bildung unserer Jugend belegen.

Zurück zum aktuellen Haushalt: Bei den Ausgaben in 2016 sehen wir, dass sich der Landkreis seiner Verantwortung stellt, beim Unterhalt von Gebäuden, Straßen, Schulen, seinen Kommunalunternehmen und den begrüßenswerten freiwilligen Leistungen. All das unterstützen wir von der ÖDP ausdrücklich und so besteht mit den geplanten Ausgaben für 2016 von unserer Seite auch Einverständnis. Auch dass wegen der Flüchtlinge mehr als ein Dutzend neue Stellen in der Verwaltung geschaffen wurden, die natürlich auf Dauer den Haushalt belasten, halten wir für unverzichtbar. Vielleicht sollten wir an einigen Stellen sogar noch zulegen.

All die Erfahrungen, die wir bisher mit der Integration von Migranten gemacht haben, zeigen uns, dass Bemühungen umso wirksamer sind, je früher sie einsetzen. Wenn in unserem Landkreis z.B. zu wenig Deutschkurse angeboten werden, zu wenig Integrationskurse, zu wenig Praktika, zu wenig Lehrstellen, dann sollten wir nicht auf Berlin oder München warten, sondern selbst tätig werden, und zwar sofort.

Und noch etwas fällt uns auf:

Ø Wir haben zwar ein integriertes Klimaschutzkonzept, aber zählen Sie z.B. einmal die Elektroladesäulen im Landkreis und die Anzahl der Elektrofahrzeuge im Fuhrpark der öffentlichen Verwaltungen. Die geplanten Attribute "überdurschnittlich" und "vorbildhaft" sind mitnichten erreicht.

Ø Wir haben ein Bündnis für Inklusion und einen Berg von Barrieren in unseren öffentlichen Gebäuden, den Bahnhöfen, den Schulen, in den Betrieben.

Ø Wir haben vor kurzem ein seniorenpolitisches Gesamtkonzept mit weitreichenden finanziellen Konsequenzen beschlossen.

Schon ohne diese "Baustellen", stehen uns in den nächsten Jahren konkrete Investitionen von etwa 64 Millionen € ins Haus. Von Verlustausgleichen und den Kosten der genannten Konzepte ist hier wie gesagt noch gar nicht die Rede.

Wir machen deshalb kein Hehl daraus, dass wir von der ÖDP eine spürbarere Anhebung der Kreisumlage für den besseren Weg gehalten hätten, dass eine Mehrung der freien Finanzspanne besser wäre als die geplante Reduzierung von 827.000 € auf 319.000 € und deshalb ist die Erhöhung der Kreisumlage auf nur 44% für uns ein Kompromiss. Ein Kompromiss, der den Gemeinden noch einmal einen Spielraum gewährt, die eigenen Schulden abzubauen. Denn dass uns in den nächsten Jahren weitere Steigerungen der Kreisumlage ins Haus stehen, ist eine logische Konsequenz aus den Zahlen der mittelfristigen Finanzplanung und den Zielen unserer Zukunftskonzepte. Auch bei einer optimistischen Einschätzung der Einnahmen, werden bis 2019 die Rücklagen auf das Mindestmaß abgeschmolzen sein und die Verschuldung nur mit Glück im einstelligen Millionenbereich liegen.

Mit Rücksicht auf die Finanzlage der Gemeinden stimmt die ÖDP dem Haushalt einschließlich der Wirtschaftpläne, Finanzpläne und dem Investitionsprogramm für die Jahre 2015 bis 2019 in der vorliegenden Form zu. Nach Jahren der Senkung wird damit die zwingend nötige Wende in der Entwicklung der Kreisumlage eingeleitet.

Nach meinen kritischen Worten zu Beginn möchte ich etwas ausgleichend schließen:

In den letzten Haushalten haben wir uns noch beklagt, dass die Kreisumlage an den kleinen Fraktionen vorbei ausgehandelt wurde. Diesmal gab es eine faire, kollegiale Beratung unter Einbeziehung aller Fraktionen im Vorfeld. Dafür danken wir unseren Kollegen und unserem Landrat, der hier vermittelnd aktiv war.

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